Nachruf auf Prof. Dr. Dr. Heinz Bull – Ein Leben im Dienst der Medizin, der Ästhetik und der Menschlichkeit

Mit großer Trauer nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Dr. Heinz Bull, der am 30. Juni im Alter von 81 Jahren von uns gegangen ist. Mit ihm verlieren wir nicht nur einen hochgeschätzten Mediziner und Pionier der Ästhetischen Gesichtschirurgie, sondern auch eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die viele Generationen von Ärztinnen und Ärzten geprägt und inspiriert hat.

Ein beeindruckender beruflicher Weg

Als Notarzt im Rettungshubschrauber stellte er sich mutig und kompetent den extremsten medizinischen Situationen – stets mit dem Anspruch, zu helfen, wo andere zurückschreckten. Diese Haltung niemals einer Herausforderung aus dem Weg zu gehen blieb zeitlebens sein Markenzeichen.

Nach seiner Ausbildung und Habilitation an der Klinik für Mund-, Kiefer und – Gesichtschirurgie der Universitä Hamburg wurde er Oberarzt an der Westdeutschen Kieferklinik in Düsseldorf. Sein großes chirurgisches Geschick, seine blitzschnelle Auffassungsgabe und seine sprichwörtlichen „goldenen Hände“ wurden von allen Kollegen sehr geschätzt. Wann immer es brenzlig wurde, war er zur Stelle – ruhig, entschlossen, effizient.

Mit der Gründung und dem Aufbau der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am St. Josef-Krankenhaus in Krefeld-Uerdingen setzte er einen weiteren Meilenstein. Aus dem Nichts schuf er eine Institution, die sich national wie international hohes Ansehen erwarb und deren Behandlungsvolumen sich mit dem großer Universitätskliniken messen konnte. Dabei galt seine besondere Leidenschaft der Korrektur von Gesichts- und Kieferfehlstellungen sowie der ästhetischen und rekonstruktiven Chirurgie.

Verbindung von Funktionalität und Ästhetik

Für Prof. Bull war Ästhetik kein Luxus, sondern ein essenzieller Bestandteil jeder Behandlung im Gesichtsbereich – unabhängig davon, ob es sich um Fehlbildungen, Tumoren, Verletzungen oder funktionelle Beeinträchtigungen handelte. Seine Überzeugung: Ein würdevolles Aussehen ist integraler Bestandteil von Heilung und Lebensqualität. Besonders im Bereich der komplexen Umstellungen des Gesichtsschädels und bei der Behandlung angeborener oder erworbener Entstellungen entwickelte er Verfahren, die Maßstäbe setzten. Für seine Patienten kämpfte er nicht nur um Gesundheit, sondern auch um deren Würde und Selbstwert.

Ein Brückenbauer zwischen Disziplinen

Prof. Bull war nie ein Einzelkämpfer – im Gegenteil: Er war davon überzeugt, dass Exzellenz in der Medizin nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit erreicht werden kann. Er baute Brücken zwischen MKG-Chirurgie, plastischer Chirurgie, Dermatologie, Augenheilkunde, HNO-Heilkunde und weiteren Fachgebieten. Sein Netzwerk war ebenso weit wie tief und sein Einfluss entsprechend groß. Seine Fähigkeit, junge Kolleginnen und Kollegen mitzureißen, ihre Begeisterung zu wecken und sie zu Spitzenleistungen anzuspornen, war legendär. Wer mit ihm arbeitete, lernte, dass Stillstand keine Option war und dass es für jedes Problem eine Lösung gibt.

Hilfsprojekte in Vietnam

Mehrfach beteiligte er sich auch an Arbeitseinsätzen in Vietnam, um dort vor allem Kindern mit angeborenen Fehlbildungen und entstellenden Verletzungen durch Korrekturoperationen wieder zu einem gut funktionierenden und würdigen Gesicht zu verhelfen.

Pionier der Ästhetischen Gesichtschirurgie in Deutschland

Sein Engagement galt zeitlebens auch der fachlichen und strukturellen Weiterentwicklung seines Fachgebiets. Für die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) war er über viele Jahre hinweg ein unermüdlicher Motor. Mit dem von ihm initiierten und maßgeblich gestalteten Masterstudiengang für Ästhetische Gesichtschirurgie an der Universität Witten-Herdecke schuf er eine Plattform, auf der Kolleginnen und Kollegen wissenschaftlich fundierte ästhetisch-plastische Chirurgie erlernen konnten – ein in Deutschland bis dahin einzigartiger Ansatz.

Präsident der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e. V. (GÄCD)

Ebenso prägend war sein Wirken in der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e. V. (GÄCD). Unter seiner Präsidentschaft von 1999 bis 2009 entwickelte sich diese Gesellschaft von einer reinen Interessensvertretung zu einer wissenschaftlich anerkannten und interdisziplinären Fachgesellschaft. Er sorgte für die Umbenennung der Vorgängergesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie (DGÄC), im Jahr 2000 und gab der GÄCD eine moderne Satzung und Vision. Unter seiner Leitung wurde das renommierte „Journal für Ästhetische Chirurgie“ ins Leben gerufen – ein weiterer Ausdruck seines wissenschaftlichen Anspruchs und seiner Weitsicht.

Wissenschaft und Begegnung: Die Kongresse auf Sylt

Nicht zuletzt war Prof. Bull der Organisator der weithin bekannten und überaus geschätzten Sylt-Kongresse in Kampen. Diese Veranstaltungen verbanden hochkarätige wissenschaftliche Fortbildung mit persönlichem Austausch und kollegialem Miteinander – ein Konzept, das aufging und ihm höchste Anerkennung unter Kolleginnen und Kollegen einbrachte.

Ein Vermächtnis, das bleibt

Mit dem Tod von Prof. Dr. Dr. Heinz Bull verliert die medizinische Gemeinschaft eine ihrer herausragenden Persönlichkeiten. Sein Wirken lebt weiter – in seinen zahlreichen Schülern, in den Strukturen, die er aufgebaut hat, in der Haltung, die er verkörperte: kompromisslose Qualität, menschliche Nähe, unermüdliches Engagement.

Die GÄCD, die DGMKG, unzählige Patientinnen und Patienten sowie Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland verdanken ihm viel. Sein Platz in der Geschichte der Ästhetischen Chirurgie in Deutschland ist unbestritten – und sein Vermächtnis wird Bestand haben.

Wir verneigen uns in Respekt und tiefer Dankbarkeit vor einem großen Arzt, Lehrer und Menschen.

Frank Muggenthaler
im Namen der GÄCD